Schneekunde und Lawinenkunde gehen Hand in Hand in der Theorie. Um zu verstehen, wie Lawinen entstehen, ist ein gewisses Basiswissen über Schnee unerlässlich. Wir haben hier einige relevante Punkte für dich verständlich zusammengefasst:
Eine Lawine entsteht, wenn mehrere Schichten in der Schneedecke vorhanden sind: Sobald zwei Schichten keine gute Verbindung aufweisen, kann die obere Schicht Richtung Tal abrutschen oder die gesamte Schneedecke die Haftung zum Untergrund verlieren (zB. im Frühjahr). Die Schnee-Umwandlung spielt dabei eine wesentliche Rolle.
Um die Schichten erkennen zu können muss man wissen, dass zwischen 4 Umwandlungsformen des Schnees unterschieden wird:
Abbauende Umandlung:
Bei der abbauenden Umwandlung wird der Schneekristall immer kleiner und strebt die sogenannte "Punktform" an. Ob die abbauende Umwandlung stattfindet hängt von der Höhe der Schneedecke und der
Außentemperatur ab (es muss unter 0° Cesius kalt sein). Dabei muss der Temperaturgradient (= Schneehöhe in cm / Außentemperatur ohne dem Minus) geringer als 0,15° pro Centimeter sein. Durch die
Verkleinerung der Schneekristalle findet eine Setzung statt, welche zu einer Festigung der Schneedecke führt. Die abbauende Umwandlung findet gleich nach dem Schneefall statt und dauert in der
Regel 1 – 2 Wochen.
Auf den Punkt gebracht: Abbauende Umwandlung bedeutet, dass sich der Schnee gesetzt hat! Der Schneekristall wird kleiner, die Freiräume zwischen den Kristallen werden kleiner und somit verfestigt
und stabilisiert sich die Schneedecke.
Aufbauende Umwandlung:
Die aufbauende Umwandlung findet statt, wenn der Temperaturgradient (= Schneehöhe in cm / Außentemperatur ohne dem Minus) größer als 0,15° Celsius pro Centimeter beträgt. Dabei bildet der Schneekristall neue Formen aus und strebt als Endprodukt ein kantiges "Becherkristall" oder den sogenannten "Schwimmschnee" an. Die Freiräume zwischen den Kristallen werden größer und es kommt zu keiner Setzung der Schneedecke. Die aufbauende Umwandlung findet in der Schneedecke von unten nach oben statt (Innen nach Außen) Dabei findet eine Entfestigung statt. Der ganze Vorgang dauert 3-4 Wochen.
Schmelzumwandlung:
Ab 0° Celsius und höheren Temperaturen findet die Schmelzumwandlung statt: Der Schneekristall beginnt an seinen Ecken und Kanten zu schmelzen und strebt eine Kugelform (Sulz) an. Die Freiräume zwischen den Kristallen werden kleiner und eine Setzung tritt ein. Jedoch nur vorübergehend! Sobald die oberen Schichten der Schneedecke wieder erwärmt werden tritt Schmelzwasser in die Freiräume der Schneedecke ein und führt somit zu einer Entfestigung.
Mechanische Umwandlung:
Von mechanischer Umwandlung spricht man, wenn der Schneekristall durch äußere Einflüsse verändert wird, zum Beispiel durch Wind. Die Schneekristalle werden auseinandergerissen und wieder zusammengesteckt und dabei entsteht gebundener, feinkörniger Schnee (Triebschnee). Gebundener Schnee bedeutet, dass eine Spannung in der Schneedecke besteht welche leicht durch eine Zusatzbelastung (zB. Freerider) gestört werden kann.
Der Wind nimmt einen besonderen Stellenwert in Schnee- und Lawinenkunde ein - nicht umsonst lautet ein Sprichwort: "Der Wind ist der Baumeister der der Lawine".
Wenn der Schnee in der Bergen zu Boden fällt, dann bleibt er dort meist nicht liegen. Der Wind ist für die meisten Schneeverfrachtungen im Skigebiet verantwortlich. Er nimmt den Schnee vom LUV (windzugewandte Seite) auf und legt ihn im LEE (windabgewandte Seite) als Triebschnee wieder ab.
Trifft der Wind im Gelände auf ein Hindernis (zB. Grad oder Geländekante), dann bildet er eine Wellenbewegung aus. Er verhält sich ähnlich wie Wasser, wenn es auf ein Hindernis (zB. Stein)
trifft.
So entstehen sogenannte "Schneewechten". Der Wind packt Schnee im LUV und legt ihn als Triebschnee im LEE ab. Somit kann man einerseits wunderbar die
Windrichtung der letzten Tage erkennen und andererseits auch mit Triebschnee unter einer Wechte rechnen.
Weht der Wind mit stürmischen Geschwindigkeiten, so kann er wie ein Dampfstrahler wirken. Er fräst aus einer bereits harten Schneeoberfläche (zB. Windharsch) weiche Bestandteile heraus und lässt dabei markante Formen entstehen, genannt "Wingangeln".
Trifft der Wind genau im Rechten Winkel auf die Wellen so kann eine Dünenlandschaft entstehen. So entstehen "Winddünen".
An Hand der sogenannten Windzeichen kann man auch grob die Windrichtung der letzten Tage erkennen und somit ermitteln in welcher Exposition mit Triebschnee zu rechnen ist. Und mittlerweile wissen wir wie gefährlich Triebschnee ist also sollte man diesen Zeichen gut acht geben.
Schneeart | Beschreibung |
Lockerschnee |
Wildschnee (Windstille und lockerer, ungebundener Schnee) Pulverschnee (lockerer, trockener, ungebundener Schnee) |
Neuschnee |
Der Schnee der letzten 24 Stunden |
Reif | |
Triebschnee | Windverfrachteter Schnee |
Harsch |
Schmelzharsch (Harschdeckel, Bruchharsch) Windharsch (vom Wind so stark zusammengepresster Schnee, sodass ein Deckel entsteht) |
Nassschnee |
Altschnee (Sulz) Firn (wenn nur die Oberfläche schmilzt) |
Bei diesen 5 Gegebenheiten ist besondere Vorsicht geboten:
Ein kleines Beispiel aus der Praxis:
Seit einer Woche kein Schneefall bei -5° bis -10° Celsius. Die Schneehöhe beträgt ca. 1 Meter. Ich kann davon ausgehen das abbauende Umwandlung stattgefunden hat und die Schneedecke sich gesetzt
hat. Dann 0° bis 5° Celsius. Es findet eine Schmelzumwandlung statt. Da es jedoch nur 4 Stunden am Tag warm genug für die Schmelzumwandlung war, sind nur die ersten 2 cm der Schneedecke
betroffen. In der Nacht klart es auf und es friert bei-15° Celsius.
Nun hat sich ein Harschdeckel (dünne Eisschicht an der Oberfläche die brechen kann, Bruchharsch) gebildet. In der jetzigen Konstellation besteht geringe Lawinengefahr. Am nächsten Tag schneit es
20 cm Pulverschnee. Während des Schneefalls bläst der Wind mit 30 km/h aus Richtung Süd. Da wir uns am Berg befinden haben wir eine Wind zugewandte Seite (LUV) und eine Wind abgewandte Seite
(LEE). In unserem Beispiel wird der Schnee vom Wind, vom Luv ins Lee verfrachtet. Wir wissen schon das vom Wind verfrachteter Schnee auch als Triebschnee bezeichnet wird. Triebschnee ist insofern
gefährlich da es sich um gebundenen Schnee handelt. Die einzelnen Schneekristalle sind so stark miteinander verhakt das eine Spannung in der Schneedecke besteht. Wird die Schneedecke nur an einem
Punkt gestört kann der gesamte Hang abreißen.
Am nächsten Tag schönes Wetter und perfekte Bedingungen zum Freeriden. Frische 20 cm Neuschnee. In unserem Fall besonders gefährlich da diese 20 cm Triebschnee nun auf einem Harschdeckel liegen.
Und der gute Schnee wird nur im Lee zu finden sein da das Luv abgeblasen ist. Der Harschdeckel bildet eine Gleitschicht und der Triebschnee weist hohe Schneebrett Eigenschaften auf. Nun sprechen
wir von erheblicher bis großer Lawinengefahr.
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